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Nachweisgesetz: Inhalte, Pflichten und was sich jetzt ändert

Arbeitsverträge lassen sich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Deutschland formfrei schließen. Damit ein Arbeitsverhältnis spruchreif ist, genügt also theoretisch ein Handschlag. Die Formfreiheit gilt jedoch nicht für die wesentlichen Vertragsbedingungen, die mit dem Vertragsabschluss einhergehen. Denn das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, Arbeitnehmern die wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform rechtzeitig bereitzustellen.

Alles, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer zum Nachweisgesetz wissen müssen, erklären wir in diesem Beitrag.

Was ist das Nachweisgesetz?

Das Nachweisgesetz (NachwG) ist ein deutsches Gesetz über den Nachweis der für das Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen. Es gilt auch für Praktikanten, die nach § 22 Abs. 1 des Mindestlohngesetzes zu der Gruppe der Arbeitnehmer zählen. In einfachen Worten bedeutet es, dass Arbeitgeber wesentliche Arbeitsvertragsbedingungen für Arbeitnehmer schriftlich festhalten müssen.

Wie erbringt der Arbeitgeber den Nachweis?

Die Schriftform ist nach § 126 BGB erfüllt, wenn der Nachweis schriftlich erfasst und handschriftlich signiert ist. Zu unterscheiden ist hier zwischen zwei Szenarien:

  1. Der Arbeitsvertrag beinhaltet den Nachweis.
  2. Der Arbeitsvertrag beinhaltet keinen Nachweis.

Sofern der Arbeitsvertrag über alle wesentlichen Vertragsbedingungen informiert, braucht es gemäß § 2 Abs. 4 NachwG keinen weiteren Nachweis. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind verpflichtet, den Arbeitsvertrag zu unterschreiben. Existieren Mehrstücke, unterzeichnen wiederum beide Vertragsparteien sämtliche Unterlagen.

Ist dies nicht der Fall, braucht es eine weitere schriftliche Erklärung von Arbeitgeberseite. Dabei handelt es sich um ein vom Arbeitsvertrag unabhängiges Dokument, das alle wesentlichen Regelungen des Arbeitsverhältnisses auflistet. Im Anschluss signiert der Arbeitgeber den Nachweis. Da es sich um keinen Vertrag handelt, reicht die einseitige Unterschrift von Arbeitgeberseite aus.

Übrigens: Es ist ebenfalls möglich, den Nachweis auf mehrere Dokumente zu verteilen. Zum Beispiel beinhaltet der Arbeitsvertrag bereits einen Teil der wesentlichen Arbeitsbedingungen, das Nachweisdokument führt dann weitere auf.

Warum ist der Nachweis wichtig?

Ziel des Nachweisgesetzes ist es, die Rechtsposition der Arbeitnehmer zu stärken. Durch den Nachweis sind sie über ihre Rechte und Pflichten, die aus dem Arbeitsverhältnis entstehen, genauestens informiert. Das ist insbesondere bei rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer relevant.

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Inhalte des Nachweisgesetzes

Das Nachweisgesetz existiert bereits seit 1995. Seither wird das Gesetz immer wieder an neue gesetzliche Standards angepasst – zuletzt in 2022. § 2 Abs. 1 des Nachweisgesetzes definiert, welche Informationen zu den Arbeitsbedingungen im Nachweis zu erfassen sind. Dabei müssen Arbeitgeber nur jene Informationen angeben, die auch für das Arbeitsverhältnis relevant sind. Eine verpflichtende Information zur Schichtarbeit entfällt zum Beispiel bei Arbeitnehmern, die ohnehin nur zu Kernarbeitszeiten von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr arbeiten.

Auskunftspflichten vor 2022

Diese Informationen über die Arbeitsbedingungen sind laut Nachweisgesetz mindestens zu erbringen, sofern das Arbeitsverhältnis vor 2022 geschlossen wurde:

  • Name und die Anschrift von beiden Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer)
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses, zusätzlich die Dauer bei Befristung
  • Arbeitsort und Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Beschreibung der Tätigkeit
  • Kündigungsfristen
  • Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich aller Zulagen, Prämien usw.
  • Zusätzliche Hinweise zu geltenden Tarifverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen

Wichtig: Vor 2022 waren Arbeitgeber nur verpflichtet, den Nachweis zu erstellen, nicht aber automatisch auszuhändigen. Es genügte, den Nachweis zu erbringen, sobald er von Arbeitnehmerseite gewünscht wurde.

Informationspflichten ab 2022

Seit dem 1. August 2022 gibt es eine verschärfte Neufassung des Nachweisgesetzes. Seitdem sind Arbeitgeber verpflichtet, den Nachweis auch ohne aktive Nachfrage von Arbeitnehmerseite zu erbringen. Das gilt jedoch nur für neu begründete Arbeitsverhältnisse. Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsvertrag vor 2022 geschlossen haben, müssen weiterhin den Nachweis aktiv anfragen.

Neben den Auskunftspflichten ergänzt sich das Nachweisgesetz in diesem Zuge um Informationspflichten. Neben den oben aufgeführten Vertragsbedingungen sind nun auch folgende Punkte verpflichtender Teil des Nachweises:

  • Vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten
  • Überstundenregelungen sowie Form der Auszahlung
  • Kündigungsverfahren (Kündigungsfrist, Schriftformerfordernis, Frist der Kündigungsschutzklage)
  • Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen
  • Hinweis auf die Möglichkeit, einen freien Arbeitsort zu wählen
  • Konkretes Enddatum bei befristeten Arbeitsverträgen
  • Angaben zum System, Rhythmus und Änderungsmöglichkeiten bei Schichtarbeit
  • Angaben zur Ausgestaltung bei Abrufarbeit
  • Name und Anschrift des Versorgungsträgers im Falle einer betrieblichen Altersvorsorge

Ab wann gelten Nachweispflichten?

Arbeitgeber müssen die Nachweise fristgerecht erbringen.

Für Arbeitsverträge vor 2022

Nachdem der Mitarbeiter den Nachweis angefordert hat, hat der Arbeitgeber sieben Tage Zeit, folgende Nachweise zu liefern:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Informationen zum Arbeitsentgelt, der Arbeitszeit, dem Beginn des Arbeitsverhältnisses
  • Angaben zum Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung, Dauer der Probezeit
  • Angaben zur Befristung

Für alle weiteren Angaben sieht das Nachweisgesetz eine Frist von einem Monat vor. Idealerweise sind die Inhalte des Gesetzes bereits in den Arbeitsverträgen der Mitarbeiter erfasst. Dann erübrigt sich der erneute Nachweis.

Für Arbeitsverträge ab 2022

Das Gesetz verschärft die Regelungen für Arbeitsverträge, die ab dem 1. August 2022 gelten. Arbeitgeber sind jetzt verpflichtet, die wichtigsten Arbeitsbedingungen dem neuen Mitarbeiter bereits am ersten Arbeitstag in Schriftform auszuhändigen. Dazu zählen Name und Anschrift der Vertragsparteien sowie Informationen zum Arbeitsentgelt und zur Arbeitszeit. Für alle weiteren wesentlichen Bedingungen gelten die gleichen sieben Tage beziehungsweise einmonatigen Fristen wie zuvor.

Wissenswert: Händigt der Arbeitgeber die Nachweise nicht vollständig oder fristgerecht an den Arbeitnehmer aus, sieht die Neufassung des Nachweisgesetzes aus 2022 Bußgeldvorschriften vor. Gemäß § 4 Nachweisgesetz belaufen sich die Geldbußen auf bis zu 2.000 Euro.

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Wie verändert sich das Nachweisgesetz durch das BEG IV?

Im Zuge des am 13. März 2024 veröffentlichten Entwurfs des Bürokratieentlastungsgesetzes sollen sich die Regelungen des Nachweisgesetzes erneut ändern. Während sich die Regelungen 2022 verschärften, sollen die kommenden Änderungen Arbeitgeber entlasten.

Textform ersetzt die Schriftform

Bislang sind Nachweise nur in Schriftform gültig. Ein elektronisch erstellter Arbeitsvertrag, der sämtliche Pflichten aus dem Nachweisgesetz erfüllt, reicht demnach nicht als Nachweis aus. Es benötigt ein Dokument in Papierform. Im Rahmen der Digitalisierung und digitalisierten Arbeitswelten soll künftig die Textform ausreichen, um Nachweise zu erbringen. Nach § 126 BGB ist die Textform gewährt, wenn die Inhalte klar lesbar sind und der Verfasser namentlich benannt ist. Zudem muss der Nachweis auf einem dauerhaften Datenträger liegen.

Nachweise und Arbeitsverträge digital managen

Kurz gesagt wäre dann der elektronisch erstellte Arbeitsvertrag mitsamt erfüllten Nachweispflichten ein gültiger Nachweis – genauso wie eine E-Mail, die den Nachweis beinhaltet. Als dauerhafter Datenträger dient zum Beispiel ein Archiv in einem Dokumentenmanagement-System (DMS) oder E-Mail-Programm.

Neben Nachweisen für Arbeitsverträge betrifft die Änderung im Nachweisgesetz auch Angaben zur Befristung und Altersgrenzenvereinbarungen. Doch auch hier gibt es Ausnahmen: Für Wirtschaftsbereiche, die verstärkt von Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigungsverhältnissen bedroht sind, bleibt der Nachweis in Schriftform verpflichtend.
Alle anderen können mit Inkrafttreten von BEG IV ihre Nachweispflichten voraussichtlich schon bald elektronisch abwickeln.

Dokumente wie Arbeitsverträge in Doxis managen

Hey Doxi, wie funktionieren Dokumentenworkflows in Doxis?

Dokumente erstellen

In Doxis wickeln Sie ganze Dokumentenworkflows durchgängig digital ab.

  • Dokumente digitalisieren: Mit ersetzendem Scannen digitalisieren Sie sämtliche Papierdokumente und ersetzen sie durch die elektronische Form.
  • Dokumente klassifizieren: Mittels OCR-Technologie (Optical Character Recognition) wandelt Doxis Bild- und PDF-Formate in maschinenlesbaren Text um. KI-gestützt weist es dem Dokument dann eine Klasse zu. Einen Arbeitsvertrag erkennt Doxis zum Beispiel an Schlagworten wie Arbeitsbeginn, Arbeitsort und Dauer der Befristung. Doxis ordnet das Dokument dann dem Dokumententyp „Arbeitsvertrag“ zu.
  • Dokumente extrahieren: Parallel erkennt Doxis alle im Arbeitsvertrag enthaltenen relevanten Informationen – zum Beispiel Anschrift der Vertragsparteien, Kündigungsfrist und Beschreibung der Tätigkeit.
  • Dokumente ablegen: Dann legt Doxis das Dokument „Arbeitsvertrag“ strukturiert ab – zum Beispiel in die digitale Personalakte des jeweiligen Mitarbeiters.

Dokumente signieren

Teil des Vertragsmanagements ist es, Dokumente wie Arbeitsverträge zu unterschreiben. Mit Doxis setzen Sie den Workflow elektronisch auf.

  • Signaturworkflow starten: In Doxis starten Sie den Signaturworkflow. Wählen Sie hierfür ein integriertes Signatursystem wie DocuSign oder auch AdobeSign.
  • Signatur-Mail verschicken: Wählen Sie dann aus, wer das Dokument unterschreiben soll. Die Person erhält anschließend eine E-Mail, die direkt zur digitalen Unterschrift in Doxis führt.
  • Signatur setzen: Die Person setzt dann die digitale Unterschrift in Doxis.

Dokumente archivieren

Inaktive Dokumente wie Arbeitsverträge oder Nachweise archivieren Sie in Doxis über die Dauer der Aufbewahrungsfristen rechtssicher. Das revisionssichere Archiv bewahrt Ihre Dokumente auffindbar, nachvollziehbar und unverändert auf.

Nachweise könnten bald digital erfolgen

Durch das Nachweisgesetz sind Arbeitsbedingungen in Deutschland transparent geregelt. Während Arbeitgeber Arbeitsverträge formfrei schließen dürfen, braucht es für den Nachweis über die Arbeitsbedingungen die Schriftform. Mit dem BEG IV könnte schon bald die Textform die Schriftform im Nachweis ersetzen. Für schlanke Prozesse setzen Unternehmen dann Arbeitsverträge inklusive der Nachweise vollständig elektronisch auf. So bleiben Personalworkflows durchgängig digitalisiert und transparent.

Häufige Fragen zum Nachweisgesetz

Was besagt das Nachweisgesetz?
Das Nachweisgesetz verpflichtet Arbeitgeber dazu, wesentliche Bedingungen des Arbeitsverhältnisses in Schriftform zu erfassen. Wesentliche Vertragsbedingungen sind zum Beispiel Arbeitszeit, Arbeitsentgelt oder Arbeitsort.
Wozu dient das Nachweisgesetz?
Das Nachweisgesetz soll Arbeitnehmer schützen. Durch den Nachweis sind sie über ihre Rechte und Pflichten transparent informiert. Das stärkt ihre Rechtsposition gegenüber dem Arbeitgeber.
Reicht der digitale Nachweis aus?
Gemäß Nachweisgesetz reicht der digitale Nachweis ausdrücklich nicht aus. Nachweise über die wesentlichen Vertragsbedingungen muss ein Arbeitgeber in Schriftform darlegen. Änderungen des BEG IV könnten den Weg hin zu digitalen Nachweisen öffnen.

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